Bauteilbeschaffung neu denken: Nearshoring oder Reshoring – Was lohnt sich für den Maschinenbau?
Globale Lieferketten geraten zunehmend unter Druck – von geopolitischen Krisen bis zu steigenden Transport- und Energiekosten. Für Einkäufer im Maschinenbau stellt sich deshalb die Frage: Nearshoring oder Reshoring? Der Beitrag beleuchtet die Vor- und Nachteile beider Strategien speziell in der Bauteilfertigung, zeigt aktuelle Trends und Zahlen aus Europa auf und bietet Entscheidungshilfen für eine zukunftssichere…

Ein Entscheidungshilfe für Einkäufer und Supply-Chain-Manager
Globale Lieferketten im Maschinenbau sind anfällig für Störungen wie COVID-19, geopolitische Spannungen und steigende Kosten. Einkäufer stehen vor der Wahl: Reshoring (Rückverlagerung ins Heimatland) oder Nearshoring (Verlagerung in nahe Regionen), um Präzision, Qualität und Zuverlässigkeit zu sichern. Dieser Artikel analysiert Vorteile, Nachteile, Kosten und Trends 2024/2025 für die Bauteilbeschaffung im Maschinenbau – mit Fokus auf Total Cost of Ownership (TCO) und Entscheidungskriterien.
Begriff | Definition | Typische Zielregion / Beispiel |
---|---|---|
Reshoring | Rückverlagerung von Produktionsprozessen in das Heimatland / Ursprungsland des Unternehmens. | Deutsche Maschinenbauer bringen Bearbeitung, Montage oder Teilefertigung zurück nach Deutschland/Europa. |
Nearshoring | Verlagerung in nahegelegene Länder bzw. Regionen, die Transportzeiten, kulturelle und rechtliche Nähe bieten. | Fertigung in Osteuropa, Türkei, Mittelmeerregion oder EU-Nachbarländer. |
Vorteile & Nachteile von Reshoring und Nearshoring in der Bauteilbeschaffung
Basierend auf diesen Definitionen betrachten wir nun die Vorteile und Nachteile im Kontext der Bauteilfertigung. Die Tabelle fasst die wesentlichen Aspekte zusammen, ergänzt um Trends bis 2025 (z. B. steigendes Wachstum in Nearshoring-Investitionen).
Strategie | Vorteile | Nachteile / Herausforderungen |
---|---|---|
Reshoring | 1. Kürzere Lieferwege → geringere Transportkosten, geringeres Risiko von Verzögerungen. 2. Höhere Kontrolle über Qualität, Intellectual Property und Prozesse. 3. Reaktionsschnelligkeit bei Änderungen, kleinere Losgrößen, Individualisierung. 4. Bessere Übereinstimmung mit regulatorischen & Nachhaltigkeitsanforderungen. 5. Image-Vorteile: „Made in Germany / Europa“. 6. Stärkung der lokalen Wertschöpfung. | 1. Höhere Lohnkosten, Energie- und Regulierungsaufwand. 2. Höhere Fixkosten, Investitionen in Maschinen und Fachkräfte. 3. Geringere Skaleneffekte. 4. Engpässe bei Materialien oder Zulieferern. 5. Höherer Endpreis, was Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen kann. |
Nearshoring | 1. Kosteneinsparung gegenüber fernen Offshoring-Standorten. 2. Bessere Nähe: Transportzeit, Logistikrisiken, Zoll, Kommunikation. 3. Gute Infrastruktur und kompatible Normen. 4. Flexibilität durch geringere Mindestlosgrößen. 5. Diversifizierung der Lieferanten. 6. Umweltvorteile: Geringerer CO₂-Fußabdruck (Wachstum um 18–27 % YoY in Audits in mediterranen Regionen). | 1. Höhere Kosten als in Low-Cost-Ländern. 2. Geringere Spezialisierung in manchen Ländern. 3. Rechtliche und kulturelle Unterschiede. 4. Wechselkosten, Investitionen in Qualitätsmanagement. 5. Komplexere Koordination. |
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Kostenbetrachtung: Total Cost of Ownership (TCO) bei Bauteilen
Einkäufer sollten nicht nur Lohnkosten berücksichtigen, sondern die gesamte TCO. Dazu gehören:
- Transportkosten (Schiff, Luft, Straße)
- Lagerkosten und Vorlaufzeiten
- Kosten für Qualitätsprobleme
- Zoll, Steuern, Umweltauflagen
- Wechselkursschwankungen
- Kommunikations- und Reisekosten
- Investitionen (Maschinen, Automatisierung, Schulung)
Beispiel: Bei energieintensiven Bauteilen können Nearshoring-Transporteinsparungen 15–25 % der TCO ausmachen. Reshoring kompensiert höhere Lohnkosten oft durch Automatisierung (bis zu 30 % Einsparung via Industrie 4.0). Nearshoring und Reshoring bieten hier unerkannte Potenziale, insbesondere bei hohem Präzisionsgrad.
Aktuelle Trends & Zahlen (Stand: 2024–2025)
Hier relevante Daten zur Entwicklung von Nearshoring und Reshoring in Europa/Deutschland, mit Schwerpunkt auf Bauteilbeschaffung. Die Trends zeigen ein klares Wachstum, getrieben durch Resilienz und Nachhaltigkeit.
Trend / Kennzahl | Details | Quelle |
---|---|---|
Anteil der Beschaffung | Nearshoring macht ca. 15 % der Einkäufe europäischer Marken aus (Q1 2024, Wachstum auf 17 % bis 2025 erwartet). | QIMA Q1 Barometer |
Mittelmeerregion & Türkei | Über 8–10 % der europäischen Beschaffung stammt aus Marokko, Tunesien, Ägypten und Türkei (mit +18 % YoY in Inspektionen). | QIMA Q3 Barometer |
Wachstum bei Nearshoring-Investitionen | Investments stiegen um ca. 62 % von 2018–2023; 56 % der Unternehmen planen weitere Investitionen bis 2025. | Capgemini Reindustrialization Report |
Reshoring-Aktivität | In der EU ist die Fertigungsindustrie (inkl. Maschinenbau) an 86 % der Reshoring-Aktivitäten beteiligt. | MDPI: Reshoring Phenomenon |
Audit-/Inspektionsnachfrage | EU-Firmen vergeben +18–27 % YoY mehr Audits an Nearshoring-Standorte wie Türkei und mediterrane Länder. | QIMA Q3 Barometer |
Politische & regulatorische Faktoren | EU-Richtlinien wie die CSDDD forcieren Rückverlagerung durch Nachhaltigkeitsanforderungen (gilt ab Juli 2024 für große Unternehmen). | EU Commission: CSDDD |
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Spezifisch im deutschen Maschinenbau & Bauteilfertigung
Für Einkäufer im deutschen Maschinenbau spielen folgende Faktoren eine große Rolle:
- Hohe Anforderungen an Präzision und Normen (z. B. DIN, ISO) machen lokale/nahe Fertigung vorteilhaft.
- Steigende Energiekosten & CO₂-Kosten: Kürzere Wege und saubere Energie in der EU profitieren energieintensive Prozesse.
- Fachkräftemangel und Automation: Industrie 4.0 kompensiert Lohnkosten (bis zu 30 % durch Automatisierung und Innovation). Frankfurt UAS: Studium und Forschung zu Industrie 4.0
- Lieferkettenresilienz: Nach Pandemien und Krisen wächst der Bedarf an Zuverlässigkeit (56 % Investitionen in Near-/Reshoring bis 2025).
Entscheidungskriterien: Wann ist Reshoring / Nearshoring sinnvoll?
Kriterium | Nearshoring-Vorteil | Reshoring-Vorteil | Empfehlung für Einkäufer |
---|---|---|---|
Teilentyp & Komplexität | Gut für standardisierte Teile. | Ideal für hochpräzise/kundenspezifische. | Priorisieren bei hohen Toleranzen. |
Losgröße & Flexibilität | Hohe Flexibilität bei kleineren Serien. | Schnelle Anpassung in Heimatlage. | Bei Kleinserien Nearshoring testen. |
Lieferzeiten | Reduziert um 50–70 % vs. Offshoring. | Minimale Verzögerungen. | Bei Just-in-Time: Reshoring. |
Qualitätsanforderungen | Gute Normenkompatibilität. | Maximale Kontrolle. | Bei ISO-Zertifikaten: Beide prüfen. |
Kostenstruktur (TCO) | Moderate Steigerung, Einsparung Transport. | Höher, aber langfristig stabil. | TCO-Rechnung durchführen. |
Risiken | Geringere geopolitische Abhängigkeit. | Hohe Stabilität. | Diversifizieren bei Unsicherheiten. |
Infrastruktur | Nähe zu Logistikknoten. | Lokales Netzwerk. | Bewerten per Audit. |
Nachhaltigkeit | Niedrigerer CO₂-Fußabdruck. | CSDDD-konform. | EU-Richtlinien einbeziehen. |
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Nearshoring vs. Reshoring im Maschinenbau
Was ist der Hauptunterschied zwischen Nearshoring und Reshoring?
Nearshoring verlagert die Fertigung in nahegelegene Regionen wie Osteuropa oder die Türkei, um Transportzeiten und Risiken zu reduzieren, während Reshoring die Rückverlagerung ins Heimatland (z. B. Deutschland) bedeutet, um maximale Kontrolle über Qualität und Regulierungen zu gewährleisten. Beide Strategien zielen auf Lieferkettenresilienz ab, unterscheiden sich jedoch in Kosten und Nähe.
Welche Vorteile bietet Nearshoring speziell für die Bauteilbeschaffung im Maschinenbau?
Nearshoring reduziert Transportkosten und -risiken, ermöglicht flexiblere Losgrößen und verbessert die Einhaltung von EU-Normen. Es diversifiziert Lieferanten und senkt den CO₂-Fußabdruck, was besonders bei präzisen Bauteilen mit hohen Qualitätsanforderungen vorteilhaft ist – mit einem Wachstum von bis zu 18 % in Audits in mediterranen Regionen.
Wann lohnt sich Reshoring für Maschinenbauunternehmen?
Reshoring ist sinnvoll bei hochpräzisen, kundenspezifischen Bauteilen mit strengen regulatorischen Anforderungen (z. B. DIN/ISO-Normen) oder wenn Lieferzuverlässigkeit und Nachhaltigkeit priorisiert werden. Es kompensiert höhere Lohnkosten durch Automatisierung (Industrie 4.0) und ist attraktiv, wenn die Total Cost of Ownership (TCO) durch reduzierte Reklamationskosten sinkt.
Wie wirkt sich die EU Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) auf Nearshoring und Reshoring aus?
Die CSDDD (seit Juli 2024 in Kraft) fordert Nachhaltigkeitsprüfungen in Lieferketten und begünstigt beide Strategien, da sie kürzere Wege und transparente Standards ermöglichen. Für Einkäufer im Maschinenbau bedeutet dies geringere Risiken bei Zulieferern in der EU oder nahen Regionen, was die Entscheidung für lokale Optionen erleichtert.
Welche Trends erwarten wir für Nearshoring und Reshoring im Maschinenbau bis 2025?
Bis 2025 wächst der Nearshoring-Anteil auf bis zu 17 % der europäischen Einkäufe, getrieben durch Investitionen in die Mittelmeerregion und Türkei. Reshoring schafft neue Jobs (ca. 244.000 in Europa/USA 2024) und profitiert von Industriepolitik, während 56 % der Unternehmen weitere Investitionen planen, um Lieferkettenrisiken zu minimieren.
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Fazit
Es gibt kein One-Size-Fits-All. Für viele Bauteile im Maschinenbau bietet Nearshoring eine resiliente Zwischenlösung – weniger Risiken, kürzere Ketten, bessere Kontrolle bei moderater Kostensteigerung. Reshoring ist attraktiv, wenn Qualität, Regulierung und Zuverlässigkeit priorisiert werden und Investitionen in Automation rentabel sind. Trends 2025 zeigen steigende Investitionen in Mittelmeerregion, Türkei und Osteuropa, aber auch Herausforderungen wie Kosten und Fachkräfte bleiben.
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